WGT 2019: Nachbetrachtungen

06 Jul WGT 2019: Nachbetrachtungen

Was war der erste Gedanke, als die Vereinbarung stand, auf dem WGT zu spielen?

TOBY: Freude. Weil beim WGT 1999 in der Moritzbastei für JANUS alles begann. Unser erstes richtiges Konzert nach dem Release unseres Debüts „Vater“, der erste Kontakt zu den Fans, der Szene. Das war was ganz besonderes. Und nun, fast 20 Jahre später zu diesen Wurzeln zurückzukehren, da kann man schon mal emotional werden.

RIG: Taschentuch?

Wie gestalteten sich die Vorbereitungen?

RIG: Die waren nicht ganz einfach. In den letzten Jahren waren wir durchgehend akustisch mit dem JANUS-Ensemble oder als Duo unterwegs. Das hat großen Spaß gemacht und war sehr intensiv. Unvergessen die beiden ausverkauften Abende im Mendelssohn-Saal des Gewandhauses in Leipzig. Aber zum Ende des letzten Jahres wurde uns bewusst, dass wir wieder mal Lust hatten, die Keyboards einzustöpseln und die Stromgitarren zu entstauben. Also stellten wir eine neue, sehr rockige Liveband zusammen, mit der wir nun nach kurzer aber schweißtreibender Vorbereitung, unsere Premiere auf dem WGT feierten.

TOBY: Was die Sache zusätzlich verkomplizierte, war die Tatsache, dass wir als Duo im Akustikgewand im Rahmenprogramm des WGT noch einen Benefizauftritt für den Verein verwaister Eltern und Geschwister in Deutschland, kurz VEID, absolvierten. Auch das musste vorbereitet und konzipiert werden.

RIG: Die beiden Auftritte konnten unterschiedlicher nicht sein. Die zwei Gesichter von JANUS, sozusagen. Andächtige Atmosphäre auf offener Straße einerseits, schweißtreibender Lärm im Westbad andererseits. Am Ende hatten wir mehr als 20 Lieder einstudiert und waren bereits erschöpft, bevor es losging.

Bei welchem Song herrschte besondere Nervosität, weil er entweder live besonders schwer zu spielen oder noch brandneu ist?

RIG: Aufgrund der Textlastigkeit unserer Musik ist es nie ganz einfach Neues im Rahmen von Auftritten vorzustellen. Die Premiere unseres neuen Stückes „Totes Land“ im Westbad war demnach etwas ganz besonderes für uns, da wir seit gefühlten Ewigkeiten kein neues, härteres Lied mehr vorgestellt hatten. Die Reaktionen waren sehr enthusiastisch und ermutigend. Und Zeilen wie „Ich schnappe nach Luft“ passten in der Sauna vor und während der sich entladenden Gewitterfront wie die Faust aufs sprichwörtliche Auge.

TOBY: Beim Auftritt für den VEID war „Was uns zerbricht“ sehr besonders. Wir spielen das Lied seit über 15 Jahren, ein echter Klassiker. Diesmal hatten wir es aber spontan ein wenig umarrangiert und stark entschleunigt. Es war schön, die Überraschung der Zuhörer zu spüren, als sie das bekannte Lied teilweise neu kennenlernten.

Backstage im Westbad Leipzig

Backstage im Westbad Leipzig

 

Und was hast du nach dem Auftritt im Backstagebereich als Erstes gemacht?

RIG: Ich bin als erstes unter die Dusche gesprungen. Es war ein großartiges Gefühl bis ich merkte, dass ich danach einfach aus jeder einzelnen Pore ungerührt weiterschwitzte.

TOBY: Während die Band sich noch immer voll Adrenalin direkt in wilde Diskussionen über Details des Auftritts und mögliche Verbesserungen bis zum Amphi-Festival hineinsteigerte, lauschte ich andächtig dem Ploppen der Bügelflasche und genoss den Moment. Wir hatten zum ersten Mal seit 15 Jahren wieder einen richtigen Rockgig gespielt. Wir konnten es noch.

Welches Geheimnis aus dem Backstage kannst du heute preisgeben?

RIG: Aufgrund der extrem schwülen Witterung durch das Gewitter und dem ebenso fenster- wie sauerstofflosen Backstage hatte ich bereits zwei Shirts komplett durchgeschwitzt, bevor ich dann das dritte, finale Bühnenshirt anlegen konnte.

TOBY: Wir haben viele liebe, bekannte Gesichter Backstage getroffen, die wir schon lange nicht mehr gesehen hatten, zum Beispiel unsere beiden ehemaligen Cellisten oder unsere erste Bookerin. Das war ebenso unerwartet wie willkommen und vervollständigte die Zeitreise ins WGT.

Was wünscht du dir zukünftig für das WGT?

RIG: Dass es seinen besonderen Charakter bewahrt, der sich für mich über die zahlreichen, sehr unterschiedlichen Spielorte in der ganzen Stadt, die vielen kleineren, oft sehr interessanten Acts und nicht zuletzt über das großartige internationale Publikum definiert.

TOBY: Von 1999 bis 2019 hat sich das WGT schon stark verändert. Einiges, nicht alles, zum Guten, aber das wichtigste scheint mir, dass der Kern der Zusammenkunft noch immer deutlich erkennbar ist. Das hat für mich gerade der Auftritt beim VEID deutlich gezeigt.

 

Den Rest des Interviews findet ihr in der Juli/August 2019 Ausgabe des ORKUS.

Fotos: Nuno Campos

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