Rezension – Auferstehung – Transform

13 Sep Rezension – Auferstehung – Transform

Das Werk beginnt mit einem vertonten Zitat von Franz Kafka und es endet mit Chor und Orchester. Alles dazwischen ist nicht in Worte zu fassen.

Das vorherige Konzept Album „Schlafende Hunde“ konnte man vielleicht noch als erzählte Geschichte deklarieren und sich vom Leib halten. Das ist aber jetzt vorbei. Unglaublich intensiv bohrt sich jene Geschichte von Paula unter die Haut. Die „Auferstehung“ von RIG & Tobi ist ein Werk, dass nach Superlativen schreit, nein, es definiert sie. Hörbar alles hat das Duo gegeben und auch von seinen Mitstreitern abverlangt.

Ja, wir Menschen sollten in der Tat, so „ehrfürchtig und nachdenklich voreinander stehen, wie vor dem Eingang zur Hölle“. Und die bricht los, wenn Paula die Regeln ändert, jene alltägliche Hölle in uns, hervorgerufen von Traumata, die loszulassen wir uns beharrlich weigern, bis wir sie anderen zufügen, bis wir daran zerbrechen oder andere zerstören.

Hier ergießt sich das Leid der Welt auf den Hörer, die kollektive Depression, die uns jener Fluch beschert, dem wir alle erliegen. Es ist der Fluch, Gesellschaftstier zu sein, allein nicht bestehen zu können und deshalb Schmerzen zu erfahren und zuzufügen.

Die unausgesprochene Vergewaltigung seiner Liebe ist der Ausgangspunkt des Protagonisten, der 51 Minuten lang daraus resultierende Erlebnisse reflektiert, Erinnerungen an kaputte Nächte, Krankenhausbesuche und an den unaufhaltsamen Niedergang eines Menschen, dem er ohnmächtig gegenübersteht.

Dafür kroch Sänger RIG wieder durch den psychosomatischen Klärschlamm der menschlichen Existenz und trat mit seiner gleichsam vieldeutigen und direkten, detailverliebten Art Dinge breit, über die man eigentlich nicht spricht. Er beherrscht die Kunst, sich in seine Figuren hineinzuversetzen, meisterhaft und es gelingt ihm, Geschichten zu erzählen, die auch denen die Nackenhaare senkrecht einfrieren, denen es eigentlich gut geht. Das muss man mögen. Läßt man sich darauf ein, ist man dieser Welt rettungslos verfallen.

Ja, wir standen alle schon an unserem methaphorischen See, auch ohne ein Jahr zuvor ein Callgirl dort ertränkt zu haben Und ebenso haben wir „nicht gelernt, den anderen zu halten, wenn er fällt. Wir klammern uns ans Schweigen wie an einen Hoffnungsschimmer“ oder zumindest ist uns diese quälende Eigenart bekannt, denn sie ist allgegenwärtig. Und wir haben alle schon gefordert, was wir selbst entweder nicht bereit waren zu geben oder was uns von anderen vorenthalten wurde.

Zu dieser „Auferstehung“, die definitiv keine Erlösung verspricht und zynisch mit dem lyrischen Bild des Phönix aus der Asche, dessen Flügel Feuer fangen endet, hat das Duo seine 9 bislang besten Stücke geschrieben und setzt sich dabei, wie gewohnt, zwischen alle Stühle, vereint Perkussion und Samples, klassische Streicher in Tempotaschentuch- Moll, Chanson mit spartanischer Klavierbegleitung und brachiale Gitarrenriffs zu einem Werk, dass seinesgleichen niemals finden wird.

Denn „Ich will seinen Kopf“ ist tongewordener Hass, „Überleben“ ist ein perfekt überarrangierter Fluch und auch sonst sind die Momente, an denen die legendären 120 JANUS- Spuren alle belegt zu sein scheinen, die absoluten Höhepunkte im Schaffen der Klangmeister. Aber JANUS kann auch anders. Dem Bombast stehen spartanische Stücke gegenüber. So basiert „Scherbengesicht“ auf einem dezenten Drum & Bass Rhythmus, während „Neunundachtzig“ auch von Reinhard Fendrich oder einem anderen Singer Songwriter sein könnte.

„Du siehst aus wie immer“ lässt mich, dank des Zusammenspiels der Streicher mit melancholischen Zeilen die Augen schließen und verweilen… ja … „Lass nicht los, hast Du keine Angst??“ Antwort wäre wohl: Nein. Die Aufforderung ist falsch und schon sind wir wieder beim Thema… und … nie klang dabei eine gesampelte Beatmungsmaschine schöner…

Neben der Musik und den Texten ist die grafische Umsetzung ein weiterer erkärter Eckpfeiler des Gesamtkunstwerks JANUS. „Auferstehung“ lässt da ebenfalls, wie sollte es anders sein, keine Wünsche offen. Das „Unaussprechliche“, das immer im Raum ist, hat auch auf den Bildern Einzug gehalten. Auf der JANUS Webseite kann man sehen, wie die graphische Arbeit an Figuren und Booklet in den Entstehungsprozess des Werkes mit eingebunden ist.

Die ausverkaufte limitierte Version von Auferstehung umfasste, neben dem Album noch die Bonus-CD Kleine Ängste. Deren Lieder fußen auf einer RIG- Geschichte, die als Hörbuch separat zu erwerben ist.

Aber auch ohne diese als Bonus verschwendete CD ist „Auferstehung“ eine absolute Pflichtanschaffung, ein aufrüttelndes Album, bodenlos krank, keine Heilung versprechend und sie vielleicht deshalb ermöglichend. Dieses, den Namen verdienende GESAMTkunstwerk krallt sich in Deinem Nacken fest, fester… bis es knirscht, und Du wirst es genießen, den ein bisschen fester geht immer noch. So dürfen wir auf eine Fortsetzung, mit Steigerung des bislang Perfekten, dennoch hoffen. Und die nächsten vier Jahre wirst Du wissen… dass alles „von vorn beginnt“, so auch diese CD immer und immer wieder…

ToM für subKULTur

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